Napoleons Schreibtisch

Im Jahre 1801 ließ der Besitzer des vornehmen Hôtel de Prusse am Leipziger Roßplatz ein Zimmer für einen Aufenthalt des russischen Zaren Alexander I. angemessen ausstatten. Dazu gab er bei dem Leipziger Tischlermeister Johann Jacob Petutschnigk verschiedene Möbel, darunter einen Schreibsekretär in Auftrag. Es entstand ein zeittypisches Möbel aus edlen Hölzern mit Schreibplatte und herausziehbarem Lesepult. Natürlich finden sich inmitten der zahlreichen kleinen Schubkästen auch die üblichen Geheimfächer, die wir leider leider leer vorfanden. Bekrönt wird das Ensemble durch eine schön geschnitzte und vergoldete Uhr, flankiert von zwei sogenannten Beistellern in Form von Sphinxen.

Der Schreibsekretär bildete das zentrale Objekt in der fortan „Fürstenzimmer“ genannten Suite. Wann immer promiente Gäste hier logierten, wohnten sie in diesem Zimmer. Die Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 1813, seine letzte in Leipzig, verbrachte Napoleon I. nachweislich hier. Die Völkerschlacht war geschlagen, seine Truppen auf dem Rückzug. An Schlaf war dabei sicherlich kaum zu denken. Mit seinem Generalstabschef Berthier und dem französischen Außenminister Maret soll Napoleon hier über die nächsten Schritte nach der verlorenen Schlacht beraten haben, ehe er selbst seinen Soldaten auf dem Rückzug folgte.

Im Jahre 1921 wurde der Hotelbetrieb eingestellt, das Inventar verkauft. Den Schreibtisch erwarb eine Leipziger Familie, die ihn seither bewahrte. Die jetzige Besitzerin hat das Möbel dem Völkerschlachtdenkmal als Leihgabe zu Verfügung gestellt. In der Denkmalskrypta kann nun jeder Besucher jenes Leipziger Möbel betrachten, an dem möglicherweise die letzten Befehle für die bis dahin größte Feldschlacht der Menschheitsgeschichte ausgefertigt wurden.