Facelifting für Bach. Die Konservierung des Porträts im Alten Rathaus

Das weltweit bekannteste Kunstwerk aus dem Alten Rathaus ist das Porträt des Thomaskantors Johann Sebastian Bach, gemalt 1746 von Elias Gottlob Haussmann.

Es wurde millionenfach abgebildet, unendlich viel wurde geschrieben über die nie ganz geklärten Umstände seiner Entstehung, die zahlreichen Kopien in aller Welt und seine verschlungenen Wege über die Jahrhunderte, bis es 1912 aus der Thomasschule als Dauerleihgabe an das Stadtgeschichtliche Museum kam.

Zugleich ist es aber auch ein Kunstwerk, über das bislang viele negative Meinungen  kursierten: 1913 schrieb der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums: Die Mangelhaftigkeit der neuen Restauration wurde schon von den Zeitgenossen klar erkannt. 2017 nennt Christoph Wolff vom Bacharchiv es gar ein entstelltes Bild.

Die kritischen Urteile erhielten 2015 neue Nahrung, als die Zweitfassung des Gemäldes ins Bewusstsein der breiteren Öffentlichkeit rückte, die Gottlob Elias Haussmann (und seine Werkstatt) 1748 nach dem Original anfertigte. Diese Zweitfassung befand sich seit 1953 in amerikanischem Privatbesitz, bevor sie 2015 als Nachlass an das Bach-Archiv Leipzig kam.

Der direkte Vergleich der beiden Gemälde offenbart tatsächlich große Unterschiede: Das Gemälde des Bach-Museums wirkt frischer, das Blau der Jacke ist kräftiger, das Weiß der Perücke klarer, die Augen strahlender, die Gesichtsfarben rosiger. Trotz dieser Vorzüge wirkt es aber auch steifer und durch den dichten Farbauftrag stellenweise leicht puppenhaft.

Nun wurde das ursprüngliche Gemälde im Alten Rathaus von Restauratoren zunächst genau unter die Lupe genommen und mit allen Mitteln der modernen Technik durchleuchtet. In einem zweiten Schritt wurde es konserviert, um weitere Schäden abzuwenden.

Das Ergebnis ist jetzt im neugestalteten Ausstellungskabinett Der wahre Bach zu bewundern. Von vornherein war klar, dass kein neues Bild herauskommen würde, das Gemälde zeigt weiterhin deutlich die Spuren seiner über 270-jährigen wechselvollen Geschichte.

Dennoch sind alle, die den „alten“ Bach kannten, verblüfft vom optischen Ergebnis der behutsamen Konservierung. Die Farben sind frischer, die Oberfläche insgesamt glatter und homogener geworden, Konturen und Details wieder besser zu erkennen.
Für die Konservierung standen zwei Probleme im Vordergrund: der Zustand des Bildträgers, also der Leinwand, sowie der drohende Farbverlust durch die vielen winzigen aufstehenden und abblätternden Craquelé-Ränder. Diese mussten auf der gesamten Bildfläche niedergelegt und gefestigt werden, um zukünftig Farbausbrüche auszuschließen.

Alle Maßnahmen wurden so konzipiert, dass sie – wie heute üblich – nicht unumkehrbar sind und eventuellen zukünftigen Restaurierungen nicht im Wege stehen.

Die Leinwand wurde durch die Schließung alter Risse und die Verstärkung des Spannrandes gesichert. Die Schließung erfolgte mit Fadenbrücken unter Zuhilfenahme einer Lötnadel.
Bei der Sicherung der Farbschichten machte sich der Restaurator die alte Bienenwachstränkung der Leinwand zunutze: Durch vorsichtiges Erwärmen des Wachses machte er auch die hochstehende Farbe elastisch. Auf einem Niederdrucktisch konnten die hochstehenden Farbpartikel dann niedergelegt werden: Durch den Unterdruck wird die Farbe quasi „angesaugt“. Einzelne behutsame Retuschen an besonders auffälligen Stellen sowie ein neuer Firnisüberzug bildeten den Abschluss, um eine einheitliche Oberflächenwirkung zu erzielen.

In der Ausstellung ist auch ein kurzer Film zu sehen, der den Restaurator bei der Arbeit zeigt.

Die Geschichte des Gemäldes und seiner Restaurierungen (inkl. aktueller Vorher-Nachher-Fotos) ist nachzulesen in:
Der wahre Bach. Das Porträt im Alten Rathaus (=thema.M19), hrsg. von Volker Rodekamp, Leipzig 2018, € 12,00.
Konservierung, Film und Publikation wurden ermöglicht durch die Unterstützung der Hieronymus-Lotter-Gesellschaft zur Förderung des Stadtgeschichtlichen Museums.