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Statement der Museumsleitung zu den Ereignissen vom 8. Februar 2025

09.02.2025

 

Liebe Besucherinnen und Besucher, liebe Freundinnen und Freunde des Stadtgeschichtlichen Museums,

am vergangenen Samstag war die historische Alte Handelsbörse erneut Austragungsort einer von uns als Museum weder initiierten oder organisierten Wahlkampfveranstaltung, die im Vorfeld und Nachgang schwere Verwerfungen nach sich zog und für die wir als Gebäudebetreiber öffentlich in die Kritik gerieten. Obwohl wir als Museumsteam seit Jahren darauf hinweisen, dass derartige Veranstaltungen für unsere Arbeit alles andere als förderlich sind, lässt die gegenwärtige Widmungssatzung uns bei derartigen Anfragen keinerlei Spielraum, zumal wir uns als Teil der öffentlichen Verwaltung auch an das in Wahlkampfzeiten geltende strikte Neutralitätsgebot gebunden sehen. Als überzeugte Demokratinnen und Demokraten stehen wir zudem für einen lebendigen und friedlichen politischen Meinungsstreit ein, und wir sind in dieser Hinsicht auch weiterhin ein verlässlicher Partner für jedwede Aktivitäten der politischen Bildung und Debattenkultur.

Mit den Ereignissen vom Samstag ist für uns jedoch die Grenze des Zumutbaren und auch veranstaltungstechnisch Leistbaren überschritten: Nicht nur befand sich das gesamte Karree rund um Altes Rathaus, Naschmarkt und Salzgäßchen über Stunden hinweg in einem polizeilich abgesperrten faktischen Belagerungszustand, der den Zutritt zu unseren Museumsräumen sowie die Arbeitsbedingungen der dort tätigen Kolleginnen und Kollegen massiv erschwerte. Wir mussten aus Verantwortung für schutzbefohlene Minderjährige auch mit großem Aufwand vorbereitete Veranstaltungen mit Jugendlichen und Kindern kurzfristig absagen und verlegen, und schließlich wurde im Zuge der Veranstaltung die historische Fassade des 1678 errichteten Barockgebäudes massiv in Mitleidenschaft gezogen. Nicht zuletzt verfügen wir als kleines Team auch nicht über die personellen Kapazitäten, um immer wieder externe Hochrisikoveranstaltungen begleiten zu können, die in keiner Beziehung zu unserem Bildungsauftrag stehen.

Angesichts dieser Ereignisse werden wir uns bei unserem Träger und bei den Fraktionen des Stadtrates erneut dafür einsetzen, im demokratischen Konsens eine Korrektur der Widmungssatzung vorzunehmen und damit die Alte Börse als jenen offenen Ort der Begegnung, Bildung und Kultur zu erhalten, den wir mitten im Herzen von Leipzig so dringend brauchen. Schulkonzerte, Fachtagungen, Vereinssitzungen, Buchmesse-Lesungen und Bachfest-Veranstaltungen sind uns jederzeit ebenso willkommen wie moderierte politische Streitgespräche oder das gemeinschaftsstiftende Ja-Wort zweier Brautleute bei den beliebten Wochenend-Trauungen. Die massive parteipolitische Zuspitzung insbesondere im Rahmen von Wahlkampfveranstaltungen überfrachtet jedoch dieses einzigartige Baudenkmal ebenso, wie es unser Museumsteam an die Grenzen bringt und zerreißt. Wir ducken uns als Stadtgeschichtliches Museum keineswegs vor den Herausforderungen der Gegenwart weg, tragen jedoch eine Verantwortung für das historische (Bau-)Erbe unserer Stadt und nicht zuletzt für unsere großen und kleinen Besuchenden und unsere Dienstleistungspartner.  Bitte unterstützen Sie uns in diesem Bemühen und bleiben Sie uns auch in dieser Hinsicht in gewohnt kritischer Anteilnahme verbunden.

 

Ihr Dr. Anselm Hartinger, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig

 

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