Ein neues Zuhause für Bach und Wagner

Heute vor 268 Jahren starb der Leipziger Thomaskantor, dessen Werk ein unauslöschliches und überaus glückliches Zeichen in der Musikgeschichte hinterlassen hat. Johann Sebastian Bach ist wahrscheinlich der berühmteste Musiker Leipzigs. Zu seinem Todestag erzählen wir euch, wie das Stadtgeschichtliches Museum Leipzig vor Kurzem seine Bach-Ausstellung renoviert und in die Neukonzeption der Beletage integriert hat.

 

 

Aus der Notwendigkeit, das wertvolle Bach-Porträt von Elias Gottlob Hausmann zu sichern und zu schützen, wurde 2017 eine nachhaltige Konservierung des Gemäldes vom Museum durchgeführt. Gleichzeitig schien es sinnvoll, dies mit der Umgestaltung des Bach-Raums und des benachbarten Ausstellungsraums zu verbinden, der sich der Geschichte Richard Wagners widmet.

Vier Monate lang arbeitete das Team des SGM an der neuen Konzeption und Umsetzung der Räume, die von der Ratsstube im ersten Geschoss zu betreten sind. Diese Nebenzimmer bieten zwar keine besonders großräumige Ausstellungsfläche, besitzen jedoch viel Gestaltungspotential. Im Rahmen der Neugestaltung wurde den beiden Räumen eine parallele Innenarchitektur verliehen. Insbesondere wurde der Wagner-Raum strukturell und visuell an den über Bach angepasst.

Das Ergebnis ist sehr zufriedenstellend. Neben dem historischen Ofen der Ratsstube öffnet sich auf der linken Seite der Raum, in dem die Geschichte von Richard Wagner skizziert wird. Die blau gefärbten Wände und der bedeutende Titel „Der verlorene Sohn“ empfangen den Besucher. Wagner wurde 1813 in Leipzig geboren, verbrachte aber die meisten Jahre seines Lebens und seiner Hauptschaffensperiode in unterschiedlichen Städten Europas, wie u.a. Riga, Paris, Zürich und Bayreuth.

Ein pikantes Exponat

Verschiedene Zitate zum Komponisten bilden den Hintergrund für die Ausstellung der Exponate. Ein zentrales Exponat ist das Tafelklavier, das Richard Wagner von König Ludwig II von Bayern geschenkt wurde. Eigens für Richard Wagner entworfen, wurde das Instrument mit praktischen Schreibtischelementen zum Komponieren ausgestattet. Der König hatte das Klavier bei der Firma Bechstein in Auftrag gegeben. Der Dirigent und Pianist Hans von Bülow äußerte sich dazu in einem Brief: „Das Wagnerklavier [… ] ist eine offiziell Allerhöchste Bestellung zum 22. Mai, nur durch meine Frau vermittelt“. Eine Kuriosität: Die Frau von Bülow war damals bereits Wagners Geliebte und wurde später seine Frau.

 

 

Ein Porträt von Rosalie Wagner, der ältesten Schwester des Musikers, stellt ein weiteres, interessantes Exponat dar. Sie war wie ihr Bruder im Theaterbereich aktiv, jedoch als geschätzte Schauspielerin. Unter den Ausstellungsobjekten ist auch ein Aquarell von Wilhelm Stockmann zu sehen, auf dem der Leipziger Brühl mit dem Geburtshaus Wagners im Jahre 1825 abgebildet ist.

Nur eine Wand trennt „Den verlorenen Sohn“ von seinem Nachbarn, „Dem wahren Bach“. Der erste Eindruck dieses Raums geht den Besuchern buchstäblich in die Ohren: Sie werden direkt von Bachs Musik begrüßt. Hier stellt ebenfalls das Blau den farblichen Rahmen dar und parallel zu der Gestaltung im Nebenraum sind die Wände mit poetischen Zitaten bekannter Persönlichkeiten in Bezug auf Bachs Talent dekoriert.

Bach: ein seltenes Modell

Ein Blick nach rechts enthüllt das Hauptexponat des Raums und gleichzeitig eins der Highlights des ganzen Museums: das Porträt des Thomaskantors von Elias Gottlob Haussmann. Einzigartig an dieser Stelle ist, dass es das einzige vorliegende Gemälde ist, für das Bach persönlich Modell gesessen hat. Alle weiteren Abbildungen wurden nach diesem Original oder frei angefertigt. Deshalb prägte dieses Bild bisher unsere Vorstellung von Bachs Aussehen.

Das 1747 stammende Ölgemälde wurde höchstwahrscheinlich von Bach selbst anlässlich seines Eintritts in die „Correspondirende Societät der musicalischen Wissenschaften“ im Auftrag gegeben. Wie bereits erwähnt, wurde wegen seines problematischen Erhaltungszustandes 2017 eine kunstspezifische Konservierung des Gemäldes von den Restauratoren Sybille Reschke und Rüdiger Beck durchgeführt, die das Kunstwerk zukunftsfähig gemacht hat. Eine Videostation zeigt Rüdiger Beck in Aktion und das Porträt vor sowie nach den Konservierugsmaßnahmen.

 

 

Virtuosität bis zum Tod

Ein zweites, interessantes Bildnis wurde während der Neugestaltung des Raums den bereits ausgestellten Exponaten hinzugefügt: das von Gottfried Reiche. Der Trompetenvirtuose arbeitete lange mit Bach zusammen. Der Thomaskantor komponierte für den hochbegabten Reiche äußerst komplexe Stücke. Auch dieses Porträt trägt Elias Gottlob Haußmanns Unterschrift und gehört zu einem der besten Gemälde des Künstlers. Legendär ist der Tod des Stadtpfeifers. Es wird überliefert, dass Reiche bei einer festlichen Aufführung zu Ehren des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August III eine anspruchsvolle Partie pfiff. Am darauffolgenden Tag starb er dann an dem langwierigen Inhalieren des Fackelrauchs.

 

 

Diese und weitere spannende Geschichten sind in den zwei musikalischen Räumen anhand unterschiedlicher Exponate zu entdecken. Diejenigen, die in diesem Zusammenhang Lust auf Musik bekommen haben, können sich an der Audiostation ausgewählte Stücke Bachs anhören und mit seiner Musik in eines der bekanntesten und schönsten Kapitel der Musikgeschichte eintauchen.

(Text: Alice Mazzara)