Mein „schillerndes“ Jahr als Bundesfreiwillige in der Museumspädagogik

Wissen Sie, was ein Bufdi ist?
Die wenigsten Leute können sich unter dem Bundesfreiwilligendienst, der hinter dieser Bezeichnung steckt und auch BFD abgekürzt wird, etwas vorstellen oder aber denken, dass es sich dabei um eine Maßnahme des Jobcenters handelt. Aber weit gefehlt!

Ich entschied mich nach meinem Studium der Kulturwissenschaften und Geschichte für den BFD, da ich auf diese Weise praktische Berufserfahrung sammeln und die Zeit zwischen Studienende und Berufseinstieg sinnvoll nutzen wollte. Mit Mitte 30 gehöre ich lustigerweise schon zu der Gruppe der „Lebensälteren“ beim Freiwilligendienst, dies bringt allerdings auch ein paar Vorteile in Bezug auf die begleitenden Bildungsseminare. Als Ü27-BFDlerin konnte ich mir diese nämlich nach Interesse selbst auswählen. Da ich den Freiwilligendienst für den Berufseinstieg nutzen wollte, suchte ich nach einer Einsatzstelle im Kultur- oder Museumsbereich. Die Ausschreibung der Abteilung Bildung und Vermittlung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig kam da wie gerufen für mich.

So arbeite ich also seit April 2019 als Bufdi im Stadtgeschichtlichen Museum, wo ich von dem sympathischen Team der Museumspädagoginnen sowie den anderen Museumsmitarbeitenden sehr freundlich aufgenommen und schnell ins Team integriert wurde. Der Museumsalltag war mir zwar aus diversen vorherigen Studienpraktika vertraut, von dem Berufsbild Museumspädagogik hatte ich zu Beginn aber nur eine vage Vorstellung.
Ich merkte schnell, dass dieser Bereich sehr vielschichtig ist und nicht nur Führungen und Workshoparbeit beinhaltet. Von kreativen Bastelarbeiten und auch gärtnerischen Tätigkeiten auf dem Anwesen des Schillerhauses über die Pflege des Adressverteilers und das Erstellen der Jahresstatistik bis hin zu speziellen Themenrecherchen sowie der Mitarbeit bei der Umsetzung von Workshops – in der Museumspädagogik wird es garantiert nie langweilig.

Freude am Umgang mit Menschen, insbesondere mit Kindern, ist dabei wichtig. Da nahezu täglich mit Schulklassen und Hortgruppen gearbeitet wird, sollte man nicht menschenscheu sein. Außerdem ist es von Vorteil, Interesse an kreativem Arbeiten sowie Eigeninitiative mitzubringen. Denn vor jeder Führung und jedem Workshop müssen erst einmal Recherchen zu unterschiedlichsten Themen durchgeführt, Ideen zur praktischen Umsetzung von Inhalten gesammelt und entsprechende pädagogische Methoden sowie Schulprogramme entwickelt werden. Weiterhin werden alle Arbeitsmaterialien von den Pädagoginnen selbst hergestellt oder organisiert. Texte für Programme und Flyer müssen verfasst, Veranstaltungen vorbereitet und betreut werden.

Neben dem Haus Böttchergässchen, wo sich das Büro der Museumsvermittlung und das Kindermuseum befinden, war im vergangenen Jahr das Schillerhaus in Gohlis ein wichtiger und sehr schöner Einsatzort für mich. Bei dem Schillerhaus handelt es sich um eine Außenstelle des Stadtmuseums, es ist ein Kleinod der Leipziger Geschichte. In diesem historischen Bauernhaus, wo Friedrich Schiller den Sommer 1785 verbrachte und seine Ode „An die Freude“ verfasste, können sich die Besucher/-innen über den Aufenthalt des berühmten Dichters in Leipzig informieren. Der angrenzende Schillergarten ist eine Oase der Entspannung, hier finden auch vielfältige Veranstaltungen wie Sommerworkshops, Konzerte und Theateraufführungen statt.
Zu meinen Tätigkeiten im Schillerhaus gehörten diverse Arbeiten im neu angelegten Gartenbereich sowie die Vorbereitung und Durchführung von Workshops, darunter der Limonadenworkshop während des Wave-Gotik-Treffens zu Pfingsten oder aber der Fächerworkshop in den Sommerferien. Ein weiterer Höhepunkt des Sommers war für mich eine Theatervorstellung der freien Theatergruppe „Kulturbeutel“, die ich hinter und vor den Kulissen mitverfolgen konnte.
Daneben ist es mir in meinem Bundesfreiwilligendienst möglich, an den verschiedenen organisatorischen Besprechungen teilzunehmen, wie die wöchentlichen Teambesprechungen der Museumsmitarbeitenden, Gesprächsrunden zur Ausstellungsplanung kommender Sonderausstellungen sowie Teambesprechungen zur Gestaltung von Schul- und Ferienprogrammen. Während kurzzeitiger Dienstreisen zu anderen Museen in Leipzig und Dresden, auf denen ich meine Kolleginnen begleitete, bekam ich außerdem einen Einblick in die Vermittlungsarbeit weiterer Häuser.
Gerade die Abwechslung zwischen Computerarbeit und kreativer praktischer Arbeit in Workshops und im Freien hat mir in der Museumsvermittlung sehr gut gefallen, denn welche Arbeitsstelle bietet einem schon die Möglichkeit, an einem warmen Sommertag das Büro gegen einen blühenden Garten einzutauschen?

Ein Jahr den Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren hört sich zunächst lange an, doch da es meist viel zu tun gibt, geht die Zeit schnell vorbei, und so schaue ich mit etwas Wehmut nun schon dem Ende meines Freiwilligenjahres entgegen.
Für mich war und ist es noch eine spannende, lehrreiche und sehr abwechslungsreiche Zeit im Stadtgeschichtlichen Museum sowie auch bei den Seminarreisen, von denen ich viele positive Eindrücke mitnehme. Der Bundesfreiwilligendienst hat sich auf jeden Fall gelohnt und meinen Horizont wieder um ein Stück erweitert.

Ein Beitrag von Caecilia Kästner

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Ab April 2020 sucht das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig eine/-n Nachfolger/-in für den Bundesfreiwilligendienst in der Abteilung Bildung und Vermittlung. Hier geht’s zur Stellenausschreibung.

Den Bundesfreiwilligendienst gibt es seit fünf Jahren. Er dauert in der Regel ein Jahr und kann im sozialen, kulturellen oder ökologischen Bereich abgeleistet werden. Das Besondere an dieser Art des Freiwilligendienstes ist, dass jede/-r Bürger/-in, unabhängig von Alter oder Ausbildung, daran teilnehmen kann. Eine Altersgrenze nach oben, wie beim FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) oder FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr), gibt es dabei nicht. So kann der Bundesfreiwilligendienst entweder direkt nach der Schule, mitten im Leben oder im höheren Alter absolviert werden. Die Motive und Gründe dafür, sich ein Jahr lang in einem bestimmten Bereich zu engagieren, sind so unterschiedlich und vielseitig wie die Menschen selbst, denen man in den diversen Einsatzstellen und Bildungsseminaren begegnet, welche den Freiwilligendienst begleiten.