Neu im Museum: Porträtgemälde der Leipziger Unternehmerfamilien Gruner und Winckler

Schenkung von acht Ölgemälden des 18. und 19. Jahrhunderts an das Stadtgeschichtliche Museum

Gleich acht wertvolle Porträtgemälde der Familien Gruner und Winckler aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhielt das Stadtgeschichtliche Museum im vergangenen Jahr zum Geschenk. Der großzügige Spender ist ein Nachkomme dieser Familien, Ferdinand Gruner, geboren 1943 in Leipzig.

1795 gründete Carl Friedrich Gruner aus Halle eine Handelsfirma für Tuche in Leipzig, die mehr als 100 Jahre lang florierte. Die Gruners besaßen ein großes Haus am Rossplatz, später auch eine Villa in der Karl-Tauchnitz-Straße sowie das Rittergut in Breitenfeld.

Gruners Haus am Rossplatz, um 1860

Gruners Haus am Rossplatz, um 1860

Die Geschäfte führten sie von prächtigen Innenstadthäusern in der Katharinenstraße und der Hainstraße aus. 1822 heiratete Carl Otto Gruner in die Familie Winckler ein, eine reiche Leipziger Bankiers- und Kaufmannsfamilie. Wie viele wohlhabende Familien bestellten auch die Gruners und Wincklers zahlreiche Porträts bei namhaften Leipziger Malern der jeweiligen Zeit. Diese Porträts verraten uns heute nicht nur viel über das Selbstbewusstsein und den Zeitgeschmack der Auftraggeber, sie spiegeln auch die Leipziger Kunstentwicklung. Zahlreiche Familienporträts sind in den Wirren des 20. Jahrhunderts verloren gegangen, viele weitere sind bis heute im Privatbesitz. Daher ist es ein Glücksfall, wenn sie in die Museen und damit in die Öffentlichkeit gelangen.

Gottfried Winckler (1764–1833) von Carl Ludwig Tischbein, Öl auf Leinwand, 1826

Unter den acht Porträts sind Gemälde so bekannter Künstler wie Carl Ludwig Tischbein, der Gottfried Winckler porträtierte. Dessen Bruder Friedrich Daniel und seine Frau Henriette ließen sich 1799 von Franz Gareis malen.
Gottfried und Friedrich Daniel waren die Söhne des Kaufmanns und Bankiers Gottfried Winckler Senior, der besonders durch seine große Kunstsammlung in die Leipziger Kulturgeschichte eingegangen ist. Bei zu seinem Tod 1795 umfasste die Sammlung rund 1000 Gemälde sowie um die 80.000 Kupferstiche und Zeichnungen. Die Ausstellung der Gemälde im Gartenhaus der Familie besuchte auch der junge Goethe und verewigte sich im Gästebuch. Die Söhne teilten die Sammlung nach dem Tod des Vaters unter sich auf, vieles wurde später in alle Welt verkauft, nur weniges gelangte in die Leipziger Museen.

Friedrich Daniel Winckler (1760–1809) von Franz Gareis, Öl auf Leinwand, 1799

Friedrich Daniel und Gottfried Winckler führten gemeinsam das Bankgeschäft in der Katharinenstraße 22 weiter. Die Wincklers handelten auch mit Farben und Gewürzen, übten wichtige öffentliche Ämter aus, wie das eines Ratsherren, und machten sich als Mitglieder der Leipziger Konzertdirektion um die Gewandhauskonzerte verdient. Ihnen gehörte neben dem Haus Katharinenstraße 22 ein weiteres Haus am Markt, ein großer parkähnlicher Garten im Süden der Pleißenburg (heute etwa zwischen Karl-Tauchnitz- und Harkort-Straße) sowie als Stammsitz das Schloss Dölitz und weitere ländliche Güter.

Henriette Friederike Winckler (1770–1834) von Franz Gareis, Öl auf Leinwand, 1799

Der Maler Franz Gareis war ein Schüler von Anton Graff in Dresden, seine Porträts zeichnen sich durch impulsiven Pinselstrich und wirkungsvolle Hell-Dunkel-Effekte aus. Nach dem Studium führten ihn Reisen über Leipzig, Wien und Paris nach Rom, wo er 1803 im Alter von nur knapp 28 Jahren starb.
Carl Ludwig Tischbein studierte in Leipzig, unter anderem bei seinem Vater Johann Friedrich August Tischbein, und an der Dresdner Akademie. 1829 wurde er Hofmaler in Bückeburg.

Drei der acht Porträtgemälde der Familien Gruner und Winckler sind noch bis Mitte Mai im Ausstellungsteil „Neu im Museum“ im Alten Rathaus, 2. OG, zu sehen.