Neue Erkenntnisse zu einem alten Schmuckstück

Was der Ring der Katharina von Bora mit dem Wappen von Schleswig-Holstein zu tun hat

Eine der kleinsten und zugleich berühmtesten Kostbarkeiten in der Ausstellung im Alten Rathaus ist der Ring der Katharina von Bora, Ehefrau des Reformators Martin Luther.  Nicht nur die berühmte Besitzerin, auch das ungewöhnliche Äußere des Rings faszinieren seit jeher die Besucherinnen und Besucher. Neben einem eingefassten Rubin schmücken den Ring in filigraner Goldschmiedearbeit die Symbole der Passion Jesu, die sog. Arma Christi.  Dazu gehören neben dem Kruzifix Geißelsäule, Fesseln, Lanze, Schwert, Nägel und Würfel.

Ring der Katharina von Bora, Gold und Rubin. um 1500. Inv.-Nr. Me 288

Der Ring stammt aus der Familie Luthers und gelangte 1878 in den Besitz der Stadt Leipzig, 1912 ins Stadtgeschichtliche Museum. In der ganzen Welt existieren zahlreiche Nachbildungen, die ab dem 19. Jahrhundert entstanden. Auch heute noch werden Nachbildungen im Schmuckhandel angeboten.

Seit jeher ranken sich Legenden um diesen Ring und seine Herkunft, die kaum je überprüft und immer weitererzählt wurden. Eine Legende besagte z.B., die wertvolle Goldschmiedearbeit stamme von Albrecht Dürer persönlich. Während diese Behauptung bereits vor 100 Jahren zu den Akten gelegt wurde, widmete sich jetzt die Expertin für historischen Schmuck Ursula Löhrs intensiv den ungeklärten Fragen um den Ring und konnte einige immer wieder kolportierte Klischees zurechtrücken(1).

Das Detail zeigt rechts die 3 Kreuzesnägel in Y-Form sowie einen Würfel, links den Hammer und das Seil von der Fesselung Christi.

Der Ring besteht eigentlich aus zwei Teilen, einem einfachen inneren Reif und dem äußeren Schmuckring. Bisher hieß es, der (abgesetzte) dänische König Christian II. habe Katharina von Bora den einfachen Goldreif als Trauring geschenkt, um den herum erst später die Arma Christi und der Rubin ergänzt worden seien. Ursula Löhrs konnte nun jedoch nachweisen, dass der Arma Christi-Ring typisch für die skandinavische Goldschmiedekunst um 1500 ist. Seine Symbolik steht in der Tradition spätmittelalterlicher Frömmigkeit. Zudem ist die Y-Form, in der die drei Kreuznägel auf dem Ring angeordnet sind, ein Zitat aus dem Wappen der Grafschaft Holstein. Da diese zur dänischen Herrschaft gehörte, waren die Nägel auch Bestandteil des dänischen Königswappens. Die Nägel finden sich in abstrahierter Form noch heute im Wappen des Bundeslandes Schleswig-Holstein (sog. Holsteinisches Nesselblatt). Symbolik und Stil legen also nahe, dass der Arma Christi-Ring aus dem dänischen Königshaus stammt und um 1500 entstanden ist. Christian II. brachte ihn vermutlich mit nach Wittenberg.

Wappen von Schleswig-Holstein

Dass er Katharina von Bora tatsächlich einen Ring schenkte, überlieferte ein Augenzeuge in einem Brief vom Oktober 1523 (2). Allerdings schreibt der Augenzeuge nichts über das Aussehen des Rings. Es handelte sich wohl um eine Art Gastgeschenk, die Hochzeit fand erst 1525 statt. Der außergewöhnliche Arma Christi-Ring dagegen war mit größter Wahrscheinlichkeit ein Geschenk an Martin Luther, was auch die Größe des Rings nahelegt. Christian II. war 1523 vom dänischen Thron vertrieben und durch seinen Onkel Friedrich I. ersetzt worden. Während seines Exils hielt er sich u.a. in Wittenberg im Umkreis der Reformatoren auf, zu deren Lehre er sich bekannte.

Schauen Sie sich den faszinierenden Ring im soeben nach langer Sanierung wiedereröffneten Alten Rathaus doch einfach mal an! 


Literatur:

  • (1) Ursula Röhrs: Mythos Lutherring. Der Ring der Katharina von Bora, Schwäbisch-Gmünd 2021. Leider nicht im Buchhandel, nur über das Museum im Prediger Schwäbisch-Gmünd zu beziehen.
  • (2) Brief von Pleikard Sindringer an Hieronymus Baumgärtner, SLUB Dresden, Signatur Mscr. Dresd. C107.f,27(3).