Robert Blum, Maia Sandu und das Grundgesetz – Gedanken zum 23. Mai

Am 18. Mai hat die Stadt Leipzig in Anwesenheit des sächsischen Ministerpräsidenten erstmals den neugeschaffenen Robert-Blum-Preis für Demokratie vergeben.

Im festlichen Ambiente des Alten Rathauses und damit zugleich an der Stätte wegweisender Reden und Auftritte Robert Blums in der Revolution von 1848 sollen damit unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten künftig Menschen geehrt werden, die sich mit Mut und Konsequenz für Demokratie, Parlamentarismus, freie und verantwortliche öffentliche Rede, gesellschaftlichen Zusammenhalt und europäische Verständigung einsetzen.

Maia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau, und Oberbürgermeister Burkhard Jung bei der Verleihung des Robert-Blum-Preis 2024 im Alten Rathaus, Foto: Claudia Masur

Mit Maia Sandu, der Präsidentin der Republik Moldau, hat die Jury 2024 dafür eine exzellente Wahl getroffen. Die Ökonomin Sandu, die unter schwierigsten politischen Rahmenbedingungen in einem von Russland systematisch destabilisierten Land an der Peripherie Europas agiert, kämpft seit vielen Jahren mit großer Tapferkeit und Energie gegen Korruption im Bildungswesen und für Rechtsstaatlichkeit und einen entschlossenen demokratischen Weg ihres Landes.

Ihre in einer denkwürdigen Preisrede ausgedrückte Leidenschaft für eine gemeinsame europäische Zukunft sollte uns Ansporn sein, in unseren so viel leichteren Anstrengungen für ein solidarisches Miteinander auch in unserer Stadt und Gesellschaft nicht nachzulassen und aus dem manchmal viel zu wenig geschätzten Geschenk einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung tagtäglich etwas zu machen. Dieses unser Grundgesetz, das am heutigen 23. Mai 75 Jahre alt wird, ruht in vielem auf den hart erkämpften Errungenschaften Blums und der Revolutionäre von 1848 sowie der in Populismus und Demokratiefeindlichkeit untergegangenen Weimarer Republik. Als eine der besten Verfassungen nicht nur der deutschen Geschichte hat sie unserem Land inneren Frieden, gelebte Wahlgerechtigkeit, außergewöhnliche Stabilität und nicht zuletzt erheblichen Wohlstand gebracht. Feiern wir diesen Tag und dieses Jubiläum, indem wir in unserer täglichen Arbeit und Praxis und gerade auch in den Konflikten dieses Jahres die Demokratie wertschätzen und gegen allen Pessimismus und alle Untergrabungsversuche verteidigen.

Die von Maia Sandu beispielhaft vertretenen Menschen im Osten Europas, die wie Robert Blum 1848 für die Freiheit kämpfen und viel zu oft noch sterben, zeigen uns, was auf dem Spiel steht. Das demokratische Europa sollte stolz darauf sein, solche Verteidigerinnen und Verteidiger an unserer Seite zu wissen.

Für uns als Stadtgeschichtliches Museum sind mit der Bewahrung und Vermittlung des historischen Kulturguts der Stadt einschließlich der Leipziger Blum-Stätten Altes Rathaus und Schillerhaus auch viele alltägliche Aufgaben jenseits des Rampenlichtes verbunden. Dennoch beschreibt der mit dem Blum-Preis und dem Grundgesetz gesetzte Anspruch eine Fallhöhe, die auch unsere Arbeit elementar betrifft. Denn wenn die Menschenwürde unantastbar bleiben soll, dann sind auch eine alle Einzelinteressen und Identitäten überwölbende Freiheit, Zugänglichkeit und demokratische Verfasstheit Werte, die dann unteilbar sein werden, wenn und weil wir sie miteinander teilen.

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