Aber bitte mit Sahne!

Museen als Wachmacher und Kaffeetafeln der Gesellschaft

MuZe Nr. 5 – Zeitung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig erschienen

Die MuZe als Rück- und Vorschau auf unsere Museumsarbeit liegt vor. Gedruckt. Gratis zur Mitnahme. (Noch) 100 Prozent KI-frei generiert. Text und Bild stammen vom Museumsteam. Alles nicht ganz selbstver­ständlich … in diesen Zeiten. Fühlen sich eben diese Zeiten und das täg­liche Tun für Sie auch anstrengender als »Früher« an? Irgendwie schon, oder? Bei allen kritischen Diskursen, gegenseitigem Miteinander und Herausforderungen in Gesellschaft, Verwaltung, Politik und selbstver­ständlich auch Finanzen können wir doch weiter — hoffentlich ganz in Ihrem Sinne — durch diese Zeitung, in Ausstellungen und zahlreichen Vermittlungsangeboten Geschichte befragen, Gegenwart begreifen und Zukunft gestalten. Das wiederum fühlt sich ziemlich gut an.

Keine Frage — das gesellschaft­liche Klima hat sich aufgeraut und ein ganzes Stück gedreht. In Zeiten knapper Kassen und äußerer Bedrohungen sind Kommunen, Staaten und Gesellschaften überall dabei, Prioritäten zu sortieren und sich auf den Wesenskern ihres Daseinsversprechens zu konzentrieren. Dass damit ein neues Bewusstsein für Arbeit und Wert­schöpfung, für die Bedeutung der auch militärischen Sicherung von Freiheitsrechten und für die Not­wendigkeit, Veränderungsprozesse und auch Migrationsbewegungen für alle fair und leistbar auszu­gestalten, einhergeht, ist sicher nötig und heilsam — gerade ange­sichts der zunehmenden bürokratischen Überwölbung nahezu aller Lebens-und Arbeitsbereiche. Was wir im Sog technokratischer Modernisierung und effizienzbetonter Optimierung aber nicht verlieren dürfen, ist die Essenz unseres Miteinanders und das, was das Leben in unseren hochdifferenzierten Gesellschaften erst und überhaupt lebenswert macht.

Hier nun sind Museen auf den ers­ten Blick durchaus gefährdet — aber zugleich besonders gefragt. Denn natürlich können wir nicht unbeschwert dem »Guten und Schönen« nachjagen, wenn der bezahlbare Wohnraum knapp wird, die S-Bahn ausfällt und es an Lehrerinnen, Polizisten, Feuerwehrautos und Pflegepersonal mangelt. Und den­noch — auch Begegnungsorte und Bildungserlebnisse sind system­relevant, und die im Jahr 2024 bei uns exakt 543.824-mal beim Durchschreiten der Museumstüren gewählte »Rufnummer« der Kulturseelsorge und des Sinnnotrufs gehört eigentlich auf jede Haustafel gedruckt.

Nein, es ist kein Zufall und auch nicht allein der erstmals erprobten Eintrittsfreiheit von Dauerausstellungen geschuldet, dass unsere Leipziger Museen Jahr für Jahr mehr Besuchende begrüßen dürfen.

Denn wo sonst sollen die emotiona­len Ressourcen in einer von Krisen­angst, unpersönlichen Warteschleifen und digitaler Reizüberflutung ge­peinigten Gesellschaft herkommen, wenn nicht aus der stärkenden Begegnung mit Geschichte und kulturellem Erbe? Wo kommen die Konfliktlinien und Redebedarfe vieler Menschen mal ohne polemische Zu­spitzung und garantiert KI-frei zur Sprache — wenn nicht im geschützten Rahmen des exemplarischen »drit­ten Ortes« Museum? Und wer doku­mentiert und sammelt eigentlich im schnelllebigen Rad des Alltags jene Zeugnisse unserer Gegenwart, ohne die es keine Erinnerung in der Zu­kunft geben wird?

Gerade erst haben uns tapfere Kolleginnen des Stadtmuseums Kiew bei einem bewegenden Besuch berichtet, was Museen selbst in Kriegszeiten an Sinnstiftung und Lebensfreude ermöglichen können. Wir sind in diesem Sinn geborene Brückenbauer — denn es braucht natürlich stabile Tragwerke über den Flussläufen unseres Landes, aber eben auch haltbare Bindungsfäden zwischen den Menschen, damit die Gesellschaft nicht zerreißt und die Maßstäbe des Handelns und Urteilens nicht verrutschen. Die stets vom Han­del und Austausch lebende Messe­stadt Leipzig hat sich schon früh im 18. Jahrhundert entfestigt, weil sie Freiräume und Offenheit für ihre Ent­wicklung brauchte. Wie viel weniger passen dann neue Wassergräben und Wegezölle in unsere globalisierte Welt, die wir nur gemeinsam nach­haltig voranbringen können …

Dabei dürsten wir alle nach herz­wärmenden und verbindenden Erlebnissen. So wie in unserem Kindermuseum, das in diesem Jahr sein 10-jähriges »Kimuläum« feiert und das sich zu einem beliebten Anlaufpunkt und nahbaren »Entlaster« für Familien, Alleinerziehende, Kitagruppen und Schulklassen ent­wickelt hat. Deshalb freuen wir uns auf die Wiederöffnung des Museums Zum Arabischen Coffe Baum, weil er gleichermaßen Genüsse wie Ge­spräche verspricht. Wenn wir dort im Zeichen der legendären sächsi­schen Kaffee-»Gemiedlichkeit« ein Stück intelligente Entschleunigung in die Stadt bringen, dann rufen wir ebenso die schon seit Jahrhunderten im Raum stehenden Fragen eines gerechten Welthandels und eines vernünftigen Koffeingebrauchs auf.

Genau so verstehen wir unsere Arbeit: Als intelli­gente Wachmacher der Gesellschaft und zugleich als zugängliche Kaffeetafel, an der Sie alle eingeladen sind, Platz zu nehmen, durchzuatmen, liebevoll zubereitete Denkhäppchen zu probieren und mit­einander ins Gespräch zu kommen.

Vielerlei Kostproben davon finden Sie auf den Seiten dieser Museums­zeitung, die das ganze Spektrum der Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen wie auch unserer Kooperationspartner und Unterstützerinnen zeigt. Denn es braucht neben geeigneten Räumen vor allem Men­schen, die all jenes ermöglichen und mit engagierter Museo-Barista-Kompetenz das servieren, was man nicht herunterladen oder outsourcen kann. Aber bitte mit Sahne — bleiben wir realistisch und kostenbewusst, aber lassen wir uns die Freude am Nicht-Quantifizierbaren und die lust­volle Unvernunft des Glaubens an eine gemeinsame Zukunft im wunderbar vielstimmigen Kaffeehaus Europa nicht nehmen. Herr Ober, bitte nachschenken!

Die digitale MuZe können Sie hier herunterladen: PDF

PS: Möchten Sie statt der digitalen doch lieber die gedruckte Ausgabe lesen? Oder möchten Sie, dass jemand aus dem Bekannten-, Freundes- oder Familienkreis eine Ausgabe per Post erhält? Geben Sie gern per E-Mail an stadtmuseum@leipzig.de eine kurze Rückmeldung.