Neues Leben für den Schillerwein

 Wussten Sie schon, dass es im Stadtgebiet von Leipzig drei Weinberge gibt? Einer davon befindet sich im Garten des Schillerhauses in Gohlis. Der Begriff Weinberg ist freilich etwas irreführend. An der den Garten begrenzenden Hauswand sowie entlang einer Balkenanlage am Schillerweg sind mehrere Weinstöcke angepflanzt. Es gibt sowohl einen Rotwein als auch einen Weißwein. Die Besonderheit hierbei ist, dass die Weinranken auf der Drahtanlage den Schriftzug SCHILLER formen. Da sich in den letzten Jahren kein Winzer mehr um den Wein kümmerte, verwilderte die Anlage allmählich. Der SCHILLER-Schriftzug war nur noch eingeweihten Betrachtern ersichtlich. Doch dann trat der Hobby-Winzer Robert Severin auf den Plan und bot dem Schillerhaus ehrenamtlich seine Hilfe an.

 

 

Herr Severin lebte als junger Mann längere Zeit in Leipzig, ging dann nach Münster und wohnt seit vier Jahren wieder in unmittelbarer Nachbarschaft des Schillerhauses. Er ist studierter Psychologe und Lehrer und arbeitet derzeit im Schulamt im Bereich Schulentwicklung, Lehrerbildung und schulpsychologischer Dienst. Seine Liebe für den Weinbau entdeckte er im heimischen Garten. Von einer guten Freundin bekam er einst zwei Weinstöcke geschenkt, die er an der Wand seines Hauses anpflanzte. Alles was man über den Weinbau wissen muss, lernte er, indem er der Mutter der Freundin, die Berufswinzerin ist, häufig bei ihrer Arbeit in den Weinbergen des Ahrtals über die Schulter schaute und so das Handwerk erlernte.

Oft geht Robert Severin mit seiner Familie in Gohlis spazieren. Dabei fiel ihm immer wieder der verwilderte „Schillerwein“ mit seinem schwindenden Ertrag auf und er fasste den Entschluss, sich um die Weinstöcke im Schillerhaus zu kümmern.

Seit diesem Sommer kommt Herr Severin zu regelmäßigen Arbeitseinsätzen ins Schillerhaus. Zunächst befreite er die Weinstöcke von Wildwuchs und Efeu und beschnitt die Weinreben. Dem Betrachter bietet sich nun wieder ein klares Bild. Aufgrund der diesjährigen Wespenplage musste schon im August eine Noternte eingefahren werden. Die Wespen hatten die süßen Trauben für sich entdeckt, sie angestochen und sich über das Fruchtfleisch hergemacht. Das Resultat dieser Ernte waren zwei Wannen voll mit Früchten, die jedoch aufgrund des frühen Erntezeitpunkts noch nicht das erforderliche Mostgewicht erreicht hatten. Robert Severin hat die verschiedenen Rebsorten gemischt und wird in diesem Jahr einen Rosé produzieren. Im Herbst, wenn das Weinlaub abgefallen ist und es mehrere Tage geregnet hat, müssen die Triebe wieder zurückgeschnitten werden, um im nächsten Jahr mit neuer Kraft auszutreiben. Dabei wird er darauf achten, dass der Schriftzug „Schiller“, den der Stadtwinzer einst angelegt hat, wieder zu besserer Geltung gelangt.

Für die nächsten Jahre hat sich Herr Severin ehrgeizige Ziele gesetzt. Er möchte den Pflegezustand des Weins verbessern und den Wildwuchs durch eine strenge „Erziehung“ der Weinstöcke eindämmen. Begleitend muss die Bodenqualität durch geeignete Düngung verbessert werden. Außerdem kann er sich in etwa zwei bis drei Wachstumsperioden – wenn die Weinstöcke wieder gute Erträge bringen – ein regelmäßig stattfindendes Weinfest im Garten des Schillerhauses vorstellen. Dann können die Besucher bei der Lese und beim Pressen der Trauben zuschauen und sich über die Weinherstellung ein Bild machen. Im Anschluss könnte bei einem Glas Wein die Ernte gemeinsam gefeiert werden.

Wir freuen uns schon drauf!