Konfessionen und Konflikte – neuer Ausstellungsraum im Alten Rathaus

Von außen ist das Alte Rathaus am Markt seit einigen Wochen hinter Gerüsten und dichten Planen verschwunden. Die Fassade wird aufwändig saniert, die Arbeiten werden sich bis weit in den Herbst hinziehen. Trotz Hinweisschildern vermuten viele Besucher, das Rathaus sei komplett geschlossen. Verständlich, da die Baufirmen genau vor dem Haupteingang von der Marktseite Materiallager und Großgeräte aufgebaut haben. Aber: Das Museum ist auf beiden Etagen geöffnet! Und im Inneren tut sich einiges und lohnt immer wieder einen Besuch!

Seit wenigen Tagen ist der neugestaltete Ausstellungsraum Konfessionen und Konflikte im Nordflügel zu bestaunen, der sich inhaltlich und chronologisch an den Raum zum Thema Reformation in Leipzig anschließt. Es geht um Leipzig im späten 16. und im 17. Jahrhundert. Am Ende des 16. Jahrhunderts kam es zwischen den Anhängern des Calvinismus und des orthodoxen Luthertums auch in Leipzig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Auf der europäischen Bühne entwickelte sich bald darauf der Dreißigjährige Krieg (1618–1648), der weite Teile Deutschlands auf Jahrzehnte hinaus verwüsten sollte. Leipzig kam erst spät damit in Berührung. Mehrmalige Belagerung, Besetzung und Insolvenz prägten und beeinträchtigten das städtische Leben.
Unabhängig davon veränderte sich Leipzig seit dem späten 16. Jahrhundert rasant. Die Bevölkerung wuchs, der Zuzug wohlhabender Kaufleute aus anderen Regionen des Reiches brachte Geld in die Stadt, es wurde viel gebaut.

Wie so oft in der Geschichte liegen Leid und Zerstörung auf der einen, Reichtum und Erfolg auf der anderen Seite sehr nah beieinander. Kunstwerke und überlieferte Alltagsobjekte erzählen von beidem, manchmal allerdings erst auf den zweiten Blick.

So ist an dem hier ausgestellten Abendmahlskelch auf Anhieb nichts Besonderes zu entdecken, die Inschrift verrät jedoch, warum er so klein ist:
Er diente dazu, Pestkranken das letzte Abendmahl in die Häuser zu bringen – 1632 fielen der gefürchteten Seuche 1390 von rund 10.000 Leipziger Bürgern zum Opfer. Durch die einquartierten Soldaten hatten sich die hygienischen Bedingungen in der Stadt verschlechtert, was den Ausbruch von Seuchen beförderte.

Von den alltäglichen Belastungen für die Leipziger zeugt auch ein Quartierschein von 1646, der einen Bürger zwang, vier schwedische Soldaten aufzunehmen, oder aber sich von dieser Last entsprechend freizukaufen.

Einfacher ist es, Objekte in der Ausstellung zu finden, die den Eindruck von Reichtum und Erfolg vermitteln. Allen voran springt die ungewöhnliche Fahne von 1614 ins Auge, die Leipziger Schützen für besondere Leistungen vom Kurfürsten höchstpersönlich erhielten. Besonders kostbar ist der vergoldete Einband der Eidbibel von 1605, auf die die neuen Leipziger Ratsherren viele Jahrhunderte lang ihren Amtseid schwören mussten.


Eine besondere Rarität und erstmals ausgestellt ist das Skizzenbuch des Baumeisters Christian Richter aus den Jahren um 1660. Er hinterließ eine Reihe von Tuschzeichnungen repräsentativer Leipziger Gebäude, an deren Errichtung bzw. Umbau er beteiligt war.  Zu finden ist hier das prächtige Fürstenhaus in der Grimmaischen Straße oder das erste Stadtpalais der bekannten Familie Bose in Leipzig in der Klostergasse. Richters Zeichnung des Barockgebäudes Webers Hof in der Hainstraße diente sogar in den 1990er Jahren als Vorlage für die Rekonstruktion des Hauses.

Weitere Neuerungen im Alten Rathaus sind für den Herbst geplant, lassen Sie sich überraschen!